Intuitive Pause vor der Sirene
Markus Stockhausen und Tara Bouman improvisieren in St. Georg
Mag es das Hornthema aus Brahms’ Erster sein, eine Bootsfahrt über den Königssee mit Trompeten-Einlage oder eine Alphorn-Impression aus den Bergen – in St. Georg ertönte zum Romanischen Sommer ein Flügelhorn. Die Antwort als Echo gab eine Klarinette, und der weite Klang mischte sich in der Kirchenakustik zu herrlicher Raummusik. Markus Stockhausen und Tara Bouman luden zu mittäglichen „Moving Sounds“.
Trotz ungewohnter Uhrzeit folgten viele dem Ruf der Bläser, erwartungsgemäß zu einer klingenden Meditation aus Naturklang in romanischer Architektur. „Wir wollen hören, was in diesem Raum zu uns spricht“, formulierte Stockhausen, und so setzte er mit seiner Partnerin Tara Bouman ganz auf intuitives Musizieren. Diese Art der spontanen Improvisation pflegen die beiden bereits seit 2002 und suchen ausgefallene spirituelle Orte und Architekturen, um ihre Konzerte ganz individuell auf Räume abzustimmen.
St. Georg eignete sich sehr für eine klangliche Expedition, weil der kubische Westbau und der gestreckte Hochchor, wenn man sie bespielt, ganz eigene akustische Wellen aussenden. So war der Blechklang aus dem Chorgestühl im Langhaus nicht zu lokalisieren, während sich der sonore Basis- Sound der Bass-Klarinette deutlich aus dem imposanten wie ungewöhnlichen Westbau speiste.
Aber die Musiker beschritten auch den Raum, wechselten Position und Blasrichtung, Tara Bouman oft als Lieferant für die Basslinie, Stockhausen mit unbestechlich klarem Ton bis in höchste Höhen von Flügelhorn und verschiedenen Trompeten.
Er gilt nicht umsonst als absolute Bläser-Ikone aus deutschen Landen, unter anderem als Spezialist für die für ihn komponierten gewagten Trompetenpartien in Werken seines berühmten Vaters. Er gründete bereits eine eigene „Internationale Akademie für intuitive Musik“. Das Duo „Moving Sounds“ bildet das klingende Werbeprospekt für diese Art, entspannt und mit geschlossenen Augen zu musizieren und ebenso zu hören.
Intuitiv endeten die Musiker einmal den Zwiegesang, bevor die Polizei mit lauten Sirenen ihren früheren Stammsitz am Waidmarkt inspizierte. Aber der Sound der Großstadt spielte ebenso wunderbar in das diesjährige Motto „Naturklang“ hinein: Auch die Vögel zwitscherten zu dem Lied, das St. Georg uns sang. (wei) Kölner Rundschau, am 28.6.2014