Grieg? Mussorgski? Coltrane? Baur? Henze? Stockhausen!
Kritik aus: www.musenblätter.de, 22. Dez. 2008 von Frank Becker
Das jüngste Album Markus Stockhausens katapultiert den Grenzgänger zwischen sämtlichen musikalischen Welten nach dem Jazzhimmel nun auch endgültig in den Olymp der modernen Klassik. Wir hören mit großem Vergnügen unter dem Titel “Symbiosis” drei Kompositionen des unerhört kreativen Trompeters aus den Jahren 2003-2007, die anläßlich der “jazz.cologne” 2007 vom WDR 3 mustergültig aufgezeichnet wurden.
Markus Stockhausen verfügt über mehr als solides musikalisches Handwerkszeug. Sein Reichtum an Innerlichkeit, sein rares Vermögen, den Hörer mit Emotionalität und Wärme in Welten der Losgelöstheit zu entführen, Stimmungen zu erzeugen, die für die Dauer eines Stückes glücklich machen, sind eine seltene Gabe. Man muß allerdings den Willen mitbringen, sich ganz auf die Musik einzulassen. Markus Stockhausen konsumiert man nicht “so nebenbei”. Zur Belohnung für die aufmerksame Annahme der Konzepte Stockhausens winken kostbare Hörgenüsse.
Mit der titelgebenden siebenteiligen Komposition “Symbiosis” stellt Markus Stockhausen im Dialog mit Tara Boumans Klarinette und dem brillanten Streichorchester der Deutschen Kammerakademie Neuss unter Lavard Skou Larsen einen nahezu magischen Schwebezustand her, in dem man auch nach den gut 30 Minuten seiner Dauer gerne verharren würde. Ich möchte hier nicht in den Fehler verfallen, den Titel oder die lose zusammengefügten Sätze einer Analyse zu unterziehen. Bei Markus Stockhausen geht es bei aller kompositorischen Größe und Konzeption grundsätzlich und immer um den Menschen und das durch Musik unmittelbar ausgedrückte und erlebbare Gefühl. Da führt der Weg über das Ohr unmittelbar in die Tiefe der Seele.
Das für Tara Bouman geschriebene “Relief” kann der Übersetzung des Wortes folgend Ausdruck einer Erleichterung, einer angenehmen Unterbrechung aber auch des Trostes sein. Das sollte jeder Hörer für sich entscheiden. Die gut sieben kontemplativen Minuten mit Taras Klarinette erfüllen sicher jedem einzelnen ganz individuell den eigenen Wunsch hinter dem Wort.
Schwelgerischer und lyrischer als in “Ascent and Pause” ist wohl selten in der Musikgeschichte ein Bild vertont worden. Markus Stockhausen zelebriert am Flügelhorn, wieder vor dem glänzenden Klanghimmel der Neusser Streicher, Johannes Ittens (1888-1967) gleichnamiges Bild. Er setzt Ittens Dramatik und gleichzeitige Leichtigkeit hinreißend um, verschmilzt klassische Elemente mit spanischen Jazz-Einflüssen. Sylvia Systermans spricht im Begleitheft der CD sehr konkret reflektiert und berechtigt von Einflüssen Miles Davis´.
“Symbiosis” gehört zu den schönsten Alben des Jahres 2008 und hat das Zeug zu einem Klassiker. Dafür den Musenkuß.
Markus Stockhausen – Symbiosis
Kritik aus: Jazzethik Dez/Jan, 9. Dez. 2008 von Guido Diesing
Wenn Jazzmusiker über die selbst ernannte Jazz-Polizei schimpfen, die meint, darüber urteilen oder bestimmen zu können, was gespielt werden darf und was nicht, dann sollten sie erst mal zu den zeitgenössischen Komponisten hinüberschauen. Wenn es um das Aufstellen von Dogmen und Verboten geht, macht denen keiner was vor. Einer, dem Genregrenzen und Einschränkungen durch Regeln oder kompositorische Schulen – ob im Jazz oder in der klassischen Musik- schlicht schnuppe sind, ist der Trompeter Markus Stockhausen. Ein Blick auf seine drei Veröffentlichungen allein im letzten halben Jahr genügt, um seine Vielseitigkeit und Eigenwilligkeit eindrucksvoll vor Augen zu führen. Nach der frei improvisierten Quartettaufnahme „Electric Treasures“ und der groß angelegten Blechbläserkomposition „Abendglühen“ folgt nun mit „Symbiosis“ eine Aufnahme von drei Werken für Streichorchester und Bläsersolisten.
Stockhausens Wunsch, in einem größeren Zusammenhang gemeinsam mit seiner Frau, der Klarinettistin Tara Bouman, notierte und improvisierte Musik in verschiedenen Stilen und Klangfarben miteinander zu verschmelzen, führte zum fünfsätzigen Titelstück. Außerdem sind die Solisten jeweils einmal allein mit dem Streichorchester zu hören. Trotz der vielfältigen Einflüsse macht die CD einen absolut geschlossenen Eindruck. Beim Zuhören stellt sich in kürzester Zeit der Effekt ein, dass man nicht mehr analytisch verschiedene Einzelteile registriert, sondern die Musik tatsächlich als Ganzes erlebt. Komposition und Improvisation, Klassik, Jazz und Neue Musik verbinden sich organisch zu etwas unverbraucht Neuem. Wenn man Symbiose als Zustand des gemeinsamen Existierens versteht, von dem alle Beteiligten profitieren, könnte der Titel der CD nicht treffender gewählt sein. Markus Stockhausen folgt seinen Gefühlen und Instinkten und schreibt Dinge, die sich andere Komponisten nur noch in funktionsgebundenen Zusammenhängen wie Filmmusik oder als (gern ironisch verwendetes) Zitat zugestehen. Doch diese Musik hier ist das Gegenteil von ironisch. Die Denk- und Herangehensweise des Trompetern wird deutlich, wenn er über den 4. Satz von Symbiosis, in dem er fast romantische Streicherakkorde einsetzt, im Booklet-Text schreibt: “Ich wollte in diesem Satz etwas zum Ausdruck bringen, was mir in der so genannten ‘neuen Musik oft fehlt: ein eindeutig warmes Gefühl, das sich nach meinem Gefühl nur in ‘klassischen’ Harmonien ausdrücken lässt.” Wenn für ein solches warmes Gefühl nicht alle Mittel recht sind wofür denn dann? Bei Markus Stockhausen ist der Ausdruckswille verbunden mit glänzender Technik und einem klaren und dennoch wunderbar weichen Trompetenton, der außerdem schlicht zu schade wäre, um damit nur verkopfte dissonante Musik zu spielen.
Spannungsbögen
Kritik aus: Freie Presse, 14. Nov. 2008 von Tim Hofmann
Wer mit Neuer Musik daherkommt, hat erst einmal hohe Ausschaltquoten. Der Name Stockhausen mag da erst einmal mit berühmtem Klang locken, verspricht aber auch im Zweifelsfall komplexe Kopfschmerzen. Im Fall der neuen CD “Symbiosis” (Aktivraum) des Komponisten Markus Stockhausen liegt man damit aber falsch. Zwar spielte der Trompeter frühzeitig im Ensemble seines berühmten Vaters mit – stilistisch hat er jedoch seinen eigenen Weg gefunden. Der Schmetterling auf dem Cover ist daher ausgesprochen passend: Stockhausens Musik für Trompete, Klarinette und Streichquartett ist vor allem luftig, frisch, spannend und harmonisch hochinteressant. Die Stücke lustwandeln sehr inspirierend zwischen skizzenhaften klassischen Strukturen und Filmmusik, streifen mal Jazz, mal Klezmer, fallen gelegentlich in Klangcluster auseinander – und spüren dabei doch immer wieder den Faden des fließenden Lebens auf. Die CD bringt mit jedem Durchlauf wunderbare Entdeckungen. Würde Neue Musik immer so klingen, hätte sie viele Freunde!
- Markus Stockhausen setzt auf “Symbiosis”
derwesten, 1. Dez. 2008
Hamburg (dpa) – Für Markus Stockhausen, der im Jazz ebenso beheimatet ist wie in der Klassik, sind diese oft so streng getrennten Milieus keine Parallelwelten, sondern sich gegenseitig befruchtende Musiksprachen…
- Markus Stockhausen: Symbiosis
Laut.de, 28. Nov. 2008, von Tobias Litterst
Mit virtuos gespielten Läufen suchen Trompete und Klarinette das Gespräch. Als sichere Stütze des sich Treffens und wieder Verlierens dient das Orchester. Gekonnt meistert es die raffinierten Rhythmus-Variationen… Original lesen
- Eine Musik, die kleine Wunder wirkt
Badische Zeitung, 10. Jan. 2009, von Reiner Kobe
Zwischen Komposition und Improvisation, zwischen den Sparten Klassik und Jazz ist der exzellente Kölner Trompeter Markus Stockhausen zu verorten. Jetzt konzertiert er in Basel. Das Projekt war gigantisch. Zur Eröffnung… Original lesen