Augsburger Allgemeine, 24.03.2010

Träumen, entspannen, genießen

Landsberg. Ein erlesenes Publikum aus Jazz-Kennern, -Liebhabern und neugierigen Abonnenten fand sich im Landsberger Stadttheater zu einem Geheimtipp der Jazzszene ein: Markus Stockhausen und Florian Weber gastierten mit ihrem aktuellen Tour-Programm „Inside Out“. Das Programm bestand aus Stockhausen-Kompositionen, „doch Florian Weber trägt mit seinen Improvisationen ganz viel dazu bei“, erläuterte der Trompeter. In der Tat ergänzten sich die beiden Musiker – Florian Weber am Flügel, Markus Stockhausen an Flügelhorn und Trompete – feinmaschig ineinandergreifend. Ihre Musik schafft Weite und Raum und entrückt den Zuhörer in höhere Sphären.

Stockhausens langgezogene Töne der Blasinstrumente – einen Ton so lange zu halten, ist eigentlich nur durch Zirkularatmung möglich – werden perlend, glitzernd und teils minimalistisch vom Flügel ergänzt, aufgegriffen und schließlich auch lebhaft solistisch weiterentwickelt. Einen besonders erstaunlichen Effekt erzielt er, indem er mit dem Flügelhorn über den geöffneten Flügel gebeugt einen echoartigen Hall erzeugt, der den Eindruck von traumartiger Weite noch verstärkt. Pianist Florian Weber streut zarte Akkorde wie Glockenschläge dazu ein, antwortet auf die vom Blasinstrument vorgegebenen Themen und entwickelt sie zu eigenen, bisweilen fulminant gesteigerten Solopartien. Die Musiker experimentieren, überschreiten Grenzen – es wird auf sämtlichen Teilen des Flügels geklopft und auf die Pedale gestampft, um Rhythmus zu erzeugen und schließlich eine Melodie daraus zu entwickeln. Flügelsaiten werden mit der Hand angezupft, um Streicherklang zu erzeugen, wie in „Mondtraum“ – einem Stück aus der Suite „Olivers Abenteuer“, die Stockhausen für ein Schülerorchester komponiert hat. Florian Weber ergänzt oft die eigenen Improvisationen, indem er sie selbst mitsummt. Trompeter und Pianist werfen sich die Themen wie Bälle zu, mitunter komplizierte, chromatische Tonfolgen, die lebhafteren, jazzigeren Stücke mit der silbrig-hellen Trompete interpretiert, die ruhigeren, sphärischen mit dem sanfteren, samtigen Flügelhorn, oft untermalt vom irisierenden Akkordteppich des Flügels. Stockhausens Vertonung des Vaterunsers interpretiert expressiv nachvollziehbar den ehrwürdigen Text, hier glänzt Weber wiederum mit ingeniösen Improvisationen. Stockhausen und Weber produzieren eine Musik der leisen Töne, der das Publikum sehr aufmerksam zuhörte, um deren Feinheiten zu würdigen. Ein Konzertabend zum Träumen, Entspannen, Zurücklehnen und Genießen.




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