- “For My People” hieß ihre erste Zusammenarbeit. Jetzt gibt es “Streams”, und wieder ist aufs Feinste widerlegt, dass eine Nylonstringgitarre und eine Trompete sich besser voneinander fern halten. Ferenc Snétberger aber und sein trompetendes Alter Ego Markus Stockhausen musizieren wieder, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres als solch ein Duo. … Die Gitarre sprüht Feuer aus offenen und gegriffenen Saiten, die Trompete klingt fast wie eine Flöte. … Ein paar Akkorde, ein paar Trompetentöne, und eine Welt entsteht – reduktive Kunst, asiatisch in der Poetik, polyglott in der Botschaft… So haben wir hier vor allem Musik großer Wärme und Menschlichkeit, Musik, die nicht vergeblich nach gemeinsamen Nennern in Kulturen fahndet, sondern sie genau erkannt hat. Musik, die vielleicht dem am nächsten kommt, was man “Weltmusik” nennt. Ein wunderbares Album von großer emotionaler Kraft für Menschen mit großem Horizont und offenen Herzen.“Alexander Schmitz im Jazz Podium 11/2007
- “Diese CD ist ein seltener Solitär, weil zwei Individuen bei sich bleiben, indem sie zueinander finden und zehn Eigenkompositionen auf ganz wunderbare Weise zum Leben erwecken. Diese Musik hütet sich davor, einfach nur schön sein zu wollen, indem sie sich anbiedert. Sie ist schön, weil sie strahlt, flirrt und etwas zu erzählen hat. Sie ist hochvirtuos, ohne je eitel aufzutrumpfen, und von Walter Quintus fantastisch abgemischt. Zwei gehen in unmittelbarer Kommunikation suhtil aufeinander ein, umspielen sich und ihre Themen, sensibel, mit Sinn für Pausen und Stille und scheinbar unspektakulär. Dies ist ein durchdachter Gegenentwurf für ein oft überdrehtes Genre, ein überlegener Rückzug in einen Aktivraum.“
Leipziger Volkszeitung, Ulrich Steinmetzger, 2.11.2007
Markus Stockhausen über „Streams“
„Nachdem wir die Komposition Landscapes für die CD For My People aufgenommen hatten und einige Jahre später die CD Joyosa mit Arild Andersoen und Patrice Héral, enstand der Wunsch, unser gemeinsames Duo-Repertoire auf einer reinen Duo-CD von Ferenc und mir zu dokumentieren. Vier Stücke von Streams sind etwa zwischen 2000 und 2002 entstanden (Változatok, Suave, Xenos, Hangolás). Wir nahmen uns damals vor, bei jeder neuen Begegnung ein neues Stück zu komponieren. Unsere gemeinsame Kompositionsweise war immer sehr spontan und intuitiv. Am Anfang stand entweder eine Melodie, ein Rhythmus, oder eine abstrakte Idee – meist ging das sehr schnell, allein der Wille genügte, etwas Neues entstehen zu lassen. Dabei überlegten wir auch, was wir schon gefunden hatten, und was wir noch klanglich erfoschen wollten in dieser Besetzung Trompete-Gitarre. Die musikalische Sprache ergab sich dabei immer von selbst. Unsere Musik spiegelt unsere inneren Empfindungen wider, auch die Spielfreude, die Spannung im intensiven Dialog. Den Stil unserer Musik zu benennen, ist nicht leicht. Es sind viele stilistische Merkmale erkennbar, und doch entzieht sich diese Musik einer Klassifizierung. Dass die Improvisation eine große Rolle spielt, lässt die Nähe zum Jazz vermuten, doch ist das nur ein Aspekt. Alles, was Ferenc und ich spielen, beruht auf unseren vielseitigen musikalischen Hintergründen. Nach der Erfahrung mit Joyosa stellten wir fest, dass wir eigentlich im Duo am besten zusammenspielen. Jeder hat genügend Raum, um sich frei zu entfalten, der Klang wird nicht von anderen Instrumenten überdeckt, er bleibt “pur”, transparent, durchhörbar. Auch kleinste Nuancen sind gut wahrnehmbar. Der Titel Streams entstand aus einer Überlegung: Keinen Main-Stream spielen wir, eher sind es Side-Streams, Seitenwege, verschlungene Pfade, abseits des Üblichen, Bekannten. Also “Streams”, so wie viele unserer Stücke weit verzweigte Ströme bilden.“
1. Változatok
Heißt auf Deutsch “Änderungen/Veränderungen”. Der Titel passt gut zu Streams. Hier strömen verschiedene musikalische Ideen in ruhiger Folge.
2. Obsession
Ein älteres Stück von Ferenc, das er auch schon mit anderen Musikern aufgenommen hat. Wir haben es im Duo bei Konzerten oft als Zugabe gespielt.
3. Suche
Dieses kurze Stück entstand am Tag vor den Aufnahmen. Es hat in seiner steigenden Tonfolge etwas Sehnsuchtsvolles. Es sucht eine Erfüllung, die aber unerfüllt bleibt.
4. Suave
Ein Ruf der Trompete – eine Antwort der Gitarre. Dann finden sich beide und entwickeln eine Klangreise. Dies ist ein typisches Stück für unsere gemeinsame Kompositionsweise.
5. Ear to Ear
Ear to Ear entstand spontan im Studio und beruht auf einer einfachen Idee von mir. Ich wollte eine offene, ruhige Stimmung, mit viel Raum zwischen den Tönen, die dem gegenseitigen Zuhören entspringen. Zur Zeit unserer Aufnahmen kamen viele Nachrichten aus Israel/Palästina zu uns. Ich dachte an diese Menschen, an das nicht endende Leid der Zivilbevölkerung in Palästina. Ferenc und ich sprachen darüber. Dies beeinflusste die Stimmung dieser freien Improvisation.
6. Xenos
Wir spielten in Thessaloniki, während eines Kongresses über die Integration von Ausländern in Europa. Da komponierten wir im Hotelzimmer “Xenos”, was im Deutschen sowohl “der Fremde”, als auch “der Gast” heißt. So findet sich auch in der Komposition Fremdes und Vertrautes wieder. Ein spannungsvolles Stück.
7. Strawberry Jam
Auf Wunsch von Ferenc entstand dieses freie Groove-Stück ebenfalls spontan im Studio. Es ist einfach eine Freude, ganz unvorbelastet miteinander zu spielen, den Ideen freien Lauf zu lassen…
8. Hangolás
Fasst wie mit einer Zwölftonreihe fängt Hangolás an, was so viel wie “Stimmung” (bezogen auf das Instrument) heißt. So ist auch die erste Improvisation gefärbt durch das fortwährende Verstimmen und Stimmen der Grundtonsaite der Gitarre. Danach kommt ein kontrapunktisches Thema im Siebenertakt. Nach einer Soloimprovisation der Gitarre folgt ein Klangstrom der Gitarre, diesmal im schnellen Siebener, über dem das Flügelhorn frei fliegen kann. Walter Quintus’ fantastische Klangarbeit ist hier besonders gut zu hören. Das Stück endet, wie es begann…
9. Rose
Fast klingt es wie ein “Standard”. ein älteres Stück von mir, das erst in dieser Duo-Besetzung endlich seinen Platz gefunden hat.
10. Toni`s Zirkus
Das “jazzigste” Stück von Streams, aus der Feder von Ferenc. Auch der Harmon-Dämpfer der Trompete unterstreicht den Jazzcharakter. Ein fröhlicher Schluss für unsere CD…