Ihr Standort: Presse Kritiken 2015 - Eine gigantische Atmosphäre - Moving Sounds
Eine “gigantische” Atmosphäre
Tara Bouman und Markus Stockhausen musizieren zur Hangar-Ausstellung
Detmold (ans). Traumhafte Musik ist jetzt durch die Ausstellung der von Gabriele Stieghorst im Hangar 21 aufgestellten Giganten (wir berichteten gestern) geströmt. Tara Boumann und Markus Stockhausen lieferten den Klang der Zeitlosigkeit.
Musik ist Raum. Die Klarinettistin Tara Boumann und der Trompeter Markus Stockhausen haben diese Dimension ganz tief in sich aufgenommen. Sie spielen von überall her aufeinander und auf ihre Zuhörer zu. So auch am Samstagabend im Hangar 21, jenem Ort, der mit der Ausstellung der Giganten von Gabriele Stieghorst wieder einmal seine eigentliche Bestimmung gefunden hat: So frei wie sich die monumentalen Figuren in diesem Raum ausbreiten können, so frei nutzten ihn die beiden Ausnahmemusiker. Sie gelangten in einen Dialog in der ganz eigenen Akustik dieses Saales und setzten sie dazu ein, den vielen Zuhörern eine Musik zu schenken, die scheinbar sämtliche Regeln hinter sich ließ.
In weiten Linien, in denen das Erbe Schönbergs sich zwanglos mit an archaisch anmutende Folklore traf, gemahnten die beiden Musiker an die Utopie aller Musik: eine freie Begegnung in einer Welt ohne Urteil zu ermöglichen. Das aus der langjährigen Erfahrung der Musiker erwachsende intensive Zusammenspiel lieferte dabei eine ungezwungene Fülle an herrlichen Dialogen.
Da traf eine sich kraftvoll aus einem repetierenden Ton speisende Rhythmik der Trompete auf die selbstbewusst wirkenden Klänge der Klarinette. Da schmiegte sich die Lyrik eines Flügelhorns geschwisterlich an die der Klarinette. Da trafen die fernen Höhen einer Es-Trompete auf groovenden Töne einer Bassklarinette – die manchmal gemeinsam mit der Trompete ein “Leitmotiv” spielte, das an Wagnersche Oppulenz erinnerte.
Aber damit nicht genug. Markus Stockhausen erforschte geradewegs eine neue Klangwelt für die Trompete, indem er einzelne Töne durch den Raum schwingen ließ. Noch tiefer wagte sich Stockhausen die Welt der Neuen Musik hinein, als er ein einzelnes Becken einsetze. Mit einer traumhaft sicheren Schlagtechnik entlockte er diesem eine Art Rauschen, dessen Obertöne sich in der Halle zu einem nuancenreichen Klang öffneten. Über all diese Parameter hinaus entwickelte die Musik von Stockhausen und Boumann eine ganz besondere Atmosphäre im Hangar, die ganz und gar zeitlos wirkte. Gigantisch. (© 2015 Neue Westfälische Lippische Landes-Zeitung, Dienstag 17. März 2015)