Moving Sounds in der Jesus-Christus-Kirche
Meinerzhagen. Aus weiter Ferne dringen lang gezogene Töne, zunächst kaum hörbar, ans Ohr. Je intensiver der Klang wird, desto deutlicher kristallisieren sich die Tonfarben der Instrumente – der weiche Klang der Klarinette und der warme Ton des Flügelhorns – heraus. Vergeblich wartet der Zuhörer auf eine Melodie im herkömmlichen Sinn. Aus dem Augenblick heraus geboren – improvisiert, intuitiv, spirituell und geheimnisvoll – ist diese Musik, die vom ersten Moment an in ihren Bann zieht.
Der Name des Ensembles, „Moving Sounds“, spricht für sich. Egal wie die Übersetzung lautet – „bewegende Töne“ oder „Töne, die sich bewegen“: beides ist richtig. Sie berühren und bewegen emotional zutiefst, diese Töne, und sie sind in steter Bewegung, ergänzen sich, widersprechen sich, laufen aufeinander zu und driften wieder auseinander. Nicht festzuhalten, frei und eigenwillig, spontan und so wie gespielt nie wieder zu hören Von gängigen Hörgewohnheiten galt es sich am Sonntag in der Jesus-Christus-Kirche beim Gastspiel des Duos „Moving Sounds“ – Markus Stockhausen (Trompete, Piccolo-Trompete und Flügelhorn) und Tara Bouman (Klarinette und Bassklarinette) – zu verabschieden. Auf Einladung von KuK – Verein für Kommunikation und Kultur machten der bekannte Trompeter, der 1981 den Deutschen Musikwettbewerb gewann und zu den vielseitigsten Künstlern der Gegenwart zählt, und seine (musikalische und private) Partnerin in Meinerzhagen Halt.
Einer außergewöhnlichen, spannenden und faszinierenden Reise durch die Welt der Klänge kam das Klangkonzert der beiden Virtuosen, die ihre Instrumente meisterhaft beherrschten, gleich. „Das Meiste entsteht im Moment“, erklärte Markus Stockhausen, der als Musiker, Improvisator und Komponist in der Welt von Klassik, Jazz und zeitgenössischer Musik zu Hause ist, vorab. „Es hängt vom Raum ab, wie man durch den Wald an Tönen und Klängen geht.“ Auf die Schwingungen des Raums, die eigene Stimmung, auch die Anwesenheit der Zuhörer komme es bei der „Musik ganz aus dem Moment“ an. „Wir haben eine Vielzahl von Ideen im Kopf. Es hängt von der Stimmung, vom Publikum ab, welche Musik daraus entsteht.“ Teilweise, so bei einer „Serenade“, war nichts vorgegeben außer der Tonart und der Art des Stücks. Augen schließen und genießen hieß es beim „Dialog“, den Markus Stockhausen mit Schlägen auf ein Becken einleitete. „Achten Sie darauf, wie sich im Raum die Obertöne bewegen“, riet der gebürtige Kölner. „Wer noch nicht wusste, was Obertöne sind, kann das jetzt sehr deutlich hören.“ Faszinierend, wie sich der Ton mit einer Vielzahl der Frequenz des Grundtons im Raum entfaltete. Allerfeinste Nuancen nahmen die Sinne, bewusst geschärft, wahr. Von allen Seiten drangen Schwingungen ans Ohr. „Alles in der Welt steht in Resonanz zueinander“, dazu Stockhausen. Nicht nur der schier unendliche Klangkosmos, den sich die beiden Interpreten mit ihren verschiedenen Instrumenten in der Kirche eroberten, auch die Vielzahl der Spieltechniken, die zum Einsatz kamen, zeigten die wahren Könner.