TALES
Am 27.08.2021 erschien die neue 3-er CD „TALES“ der MARKUS STOCKHAUSEN GROUP bei o-tone music.
Auf der ersten CD hören Sie Kompositionen, auf der zweiten und dritten Improvisationen des Quartetts.
mit
Markus Stockhausen Flügelhorn/Tp
Jeroen van Vliet Piano, Synthesizer
Jörg Brinkmann Cello
Christian Thomé Drums
Text zur CD-Veröffentlichung von Hans-Jürgen Linke
Was für einen Unterschied macht es für Musik, ob sie komponiert oder improvisiert ist? Was für einen Unterschied macht es für eine Erzählung, ob sie mündlich vorgetragen oder schriftlich festgehalten wird? Markus Stockhausens Quartett-Album „Tales“ legt solche Fragen nahe und gibt mehr als eine Antwort.
Musik existiert virtuell auf Tonträgern, in Partituren, in Repertoires und Traditionen. Wirklich aber ist sie nur, wenn sie erklingt und von Hörerinnen und Hörern erlebt wird.
Das Album „Tales“ besteht aus drei CDs. Deren erste ist komponierten Stücken gewidmet, die anderen beiden enthalten Improvisationen des Quartetts, zusammen eine Vielzahl von Erzählungen.
In Markus Stockhausens aktuellem Quartett fügen sich vier Temperamente zueinander und bilden einen gemeinsamen, überaus differenzierten Gruppenklang. Immer ist da der klare, vollendet artikulierte Ton, der seit je Markus Stockhausens Markenzeichen ist. Da ist Jörg Brinkmann am Cello, sanglich, mit großartigen solistischen Melodiebögen, feingliedrig und elegant, auch wenn er rhythmisch grundiert, wie es sonst die Aufgabe eines Kontrabass wäre. Jeroen van Vliet am Klavier ist ein wunderbarer Ensemble-Musiker mit tiefgründig harmonischer Präsenz, der seine Räume findet und behauptet, ohne sich orchestral aufzuspielen; in improvisierten Stücken ist er immer wieder auch am Synthesizer zu hören: zurückhaltend, nie effektheischend, mit großem Melos und intensiver Klangökonomie, nie mit amorpher Füllmasse. Christian Thomé am Schlagzeug schließlich verbindet filigranes, klangsinnliches Spiel mit der lässig ausgebübten Fähigkeit, Rhythmik zu spielen, ohne sie zu markieren.
Die neun komponierten Stücke der ersten CD sind von souveräner Klarheit, geradezu klassisch gebaut und gespielt. Die ausnotierten Passagen gehen über das, was im Jazz „thematisches Material“ heißt, weit hinaus. Sie wirken als verbindliche Rahmensetzungen von Tonvorräten, formalen Strukturen, Klangstrategien und Stimmungen. Sie definieren den Bewegungsraum der Musiker, ohne dass man diese Definitionen als Beschränkung empfinden könnte. Sie geben damit der Musik eine tiefe Ruhe und dem Hörer ein Grundvertrauen in das, was zu erwarten ist.
Auf den beiden improvisierten CDs zeigt sich, dass der Konsens im Quartett auch ohne kompositorische Vorgaben weit reicht. Er ist elastisch und ermöglicht weiter gefasste klangliche und spielerische Freiheiten. Grundsätzlich gilt, auch für die elektronischen Klänge des Synthesizers, dass man in der gemeinsamen musikalischen Arbeit aufeinander hört, Anregungen aufgreift, anreichert und weitertreibt. Dass man sich Zeit nimmt und Zeit gibt.
Die Spannung, die dabei entsteht, ist nie eine zum Zerreißen. Sie ist von einem generösen Konsens getragen. Ein Konsens, der nicht auf die Probe gestellt, sondern behutsam und immer von Neuem ausgekundschaftet wird.
Jedes der 25 Stücke dieses großen Albums bildet eine eigene Erzählung, mit eigenem Verlauf, eigener Form, eigenem Vokabular, eigenem Gehalt. Allen gemeinsam ist, dass sie Verantwortung übernehmen für die Zeit, die sie gestalten. Die Angebote sind nicht unbedingt in Sprache übersetzbar, aber manchmal kann man passende Worte finden. Die Titel der Stücke unternehmen solche Versuche. Sie machen auch deutlich, dass die Musik eine Verbindung hat zu dem, was in der Welt außerhalb ihrer selbst geschieht. Die spürbare Leichtigkeit, der fröhliche Optimismus im Eröffnungsstück „Sunday Morning“ spricht für sich und muss nicht weiter übersetzt werden. Das letzte Stück aber enthält etwas wie ein Bekenntnis. Er gilt über den Horizont dieses Albums hinaus für Markus Stockhausens Musik, vielleicht als grundlegende Erzählung aller Musik: „Peace Is Possible“, Frieden ist möglich.
Presse:
Komposition oder Improvisation? Es sind diese ewigen Antipoden in der Musik, die sich als treibende Kräfte hinter dem Schaffen von Markus Stockhausen erweisen. (…) Es überrascht, wie konzentriert und artikuliert auch die frei improvisierten Stücke auf „Tales“ geraten sind. Das Album liefert Lehrstunden darin, wie ein musikalisches Kollektiv durch hochsensibles Zusammenspiel gemeinsam agieren kann – mit dem Resultat, dass die einzelnen Instrumentalisten in ihren Soloparts fabelhaft aufeinander reagieren, sich ergänzen und sich an den richtigen Stellen auch einmal zurücknehmen können. Es sind Stücke, die eine große meditative Qualität entfalten.“
Boris Kruse,  Jazztage Fürstenwalde 15.11.2022
Man stelle sich einen dreiteiligen Erzählband mit 25 Kapiteln vor. Im ersten Teil werden klar strukturierte Texte vorgegeben wie etwa in Giovanni Boccaccios ”Decameron”. In den beiden anderen Teilen sind die Erzähler frei. Bei den Interpretationen der Markus Stockhausen Group sind es jeweils vier Stimmen, die gleichzeitig mitwirken. Es sind auch nicht wirklich Stimmen, sondern Instrumente, und das ist das Erstaunliche an diesem ambitionierten Projekt des deutschen Trompeters Stockhausen und seiner hervorragend eingespielten Band. Stockhausen gibt acht der neun Kompositionen der ersten CD vor, die letzte, ”Destiny”, ist eine kollektive und leitet zu den 16 Improvisationen über. Verblüffend ist auch, wie unscheinbar die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation wirken, denn das Verständnis innerhalb der Band ist schlicht perfekt. Banal ausgedrückt könnte man von ergreifend schöner Musik reden, aber das greift zu kurz, nutzen doch die vier Musiker vor allem Räume und Öffnungen, die sich erst bei weiterem Anhören erschliessen. Die Titel der musikalischen Geschichten lassen auf eine musikalische Botschaft schließen, die nach einer bes- seren Welt (”Better World”) strebt, nach Veränderungen (”Transformations”) und wie im abschließenden Song klar proklamiert, nach einem möglichen Frieden (”Peace Is Possible”). Die Gruppe lebt vor, wie man Gemeinsamkeit in der Verschiedenheit pflegen kann, und dies mit einem blinden Verständnis untereinander.”
Ruedi Ankli Jazz’n’More 6/2021
Sage und schreibe drei CDs hat der Kölner Trompeter Markus Stockhausen für sein neues Album „Tales“ vollmusiziert. Dabei geht es ihm vor allem um die Frage, was für einen Unterschied es in der Musik macht, ob sie komponiert oder improvisiert ist. Wer wäre besser geeignet für ein solches Vorhaben als der Sohn von Karlheinz Stockhausen (1928–2007), dem wohl wichtigsten Aufbrecher und Neudefinierer von kompositorischen Techniken im 20. Jahrhundert? Begleitet von einem geschmeidig und hörsensibel zusammenspielenden Quartett, gelingt Stockhausen junior es, aus seinem Projekt eine ganz und gar nicht verkopft klingende, sondern sehr organisch anmutende Musik zu erschaffen. Detailgenau ausformulierte Stücke mit knackigen Motiven stehen hier wie selbstverständlich neben lan- gen, tastenden Passagen, in denen die Instrumentalisten auf Trompete, Flügelhorn, Klavier, Synthesizer, Cello und Schlagzeug Stimmungen ausloten. Der Meister selbst steht diesem Opus Magnum und seiner Wirkung gelassen gegenüber: „Ich hoffe, Sie haben Zeit“, ließ er anlässlich der Veröffentlichung über seine Plattenfirma ausrichten. „Aber Sie müssen ja nicht alles sofort hören.“ Die Stücke entwickeln allerdings einen derart starken Sog, dass genau das bei vielen Hörern doch passieren könnte – ob auf langen Fahrten oder an manchem Herbstabend daheim auf dem Sofa.“
Lausitzer Rundschau, 28.08.2021
Gestern habe ich mir deine drei CDs TALES angehört. Ich bekomme viele CDs, aber es ist schon lange her, dass ich eine solche Qualität gehört habe. Für mich ist es die CD des Jahres. So viel Schönheit, Handwerkskunst, Kreativität und Leidenschaft, beispiellos!“
Cees van Deven, November 2023
A moment to moment love affair with life…
Ihre Musik ist ein besonderes Geschenk, und es ist mir nicht möglich aus den Klängen Lieblingsklänge oder -Stücke heraus zu lösen. Es ist wie ein Spaziergang mit wachen Sinnen, ein Lauschen der besonderen Art, wo es sich nicht fragt, welcher Moment, welcher Klang nun besonderer sei.
„The whole universe is fine tuned to life.“
Ernst van Aaken, März 2024