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Augen zu!
Neustadt. Es ist an diesem Abend im Neustädter Schloss Landestrost keine Stecknadel zur Hand, die man fallen hören könnte. Aber es gibt da einen Herrn in der letzten Reihe, der nicht wirklich ruhig halten kann und obendrein Schuhe mit leicht quietschenden Gummisohlen trägt. Und damit so einige Zuhörer aus ihrer meditativen Andacht schreckt. Konzentriert, mit geschlossenen Augen sitzen viele im Saal des Schloss Landestrost, versunken in die Musik.
So wie der Protagonist oben auf der Bühne. Markus Stockhausen spielt Trompete und Flügelhorn meist mit geschlossenen Augen. Ebenso sein Gegenüber, der Pianist Florian Weber. Ganz konzentriert. Versunken in die Musik. Seine ganze Körpersprache signalisiert: Diese Musik hier ist fragil, ein wenig entrückt, fast mystisch und hoch ästhetisch. Es geht an diesem Abend nicht um Reibung und Energie, sondern um eine europäische Variante des Jazz, die ihre Wurzeln eher in abendländischer Kunstmusik als als im Bebop hat. In diesem Metier – zwischen Schönklang und Anspruch – zählt der Sohn des Avantgarde-Komponisten Karl-Heinz Stockhausen zu den profiliertesten Vertretern – wie sein Konzert mit Weber nachhaltig belegte.
Stockhauen ist ein brillanter Instrumentalist: Mit makelloser Intonation, kristallklarem, vibratolosem Ton und einem Faible für intuitive Schaffensprozesse und pastellfarbene Klangbilder. Zart haucht er prägnante Melodien durch den Trichter, zerlegt sie und gliedert sie mit akkurater Logik neu. Weber, sein Begleiter bei diesen musikalischen Metamorphosen, folgt ihm mit unaufdringlichen wie komplexen Akkordfolgen. Beide spielen unverstärkt, was ein Höchstmaß an Einfühlungsvermögen und Dynamik erfordert. Sie ergänzen sich dabei behutsam und nutzen die ideale Akustik des Schlosssaales für sich. Das gelingt ihnen hervorragend, auch wenn die Musik oft im Ätherischen hängen bleibt, wenig fordert und aufregt. Stockhausens Kompositionen heißen „Our Father“ oder „Mondtraum“ – genau so klingen sie auch.
Aber die beiden können auch anders. In ihrer Improvisation über das Thema des Stockhausen-Songs „Jahoo“ entwickeln Stockhausen und Weber rhythmischen Druck, schlagen ungewohnte Haken und finden gemeinsam wieder in die Spur – das alles mit geöffneten Augen.