Echo online, 31.01.2013 – Von Marc Levasier.

Abend mit Anspruch und Experimenten

Musik zum Träumen boten am Samstag Trompeter Markus Stockhausen und Pianist Florian Weber bei Forum Kultur Jazz im Heppenheimer Kurfürstensaal. Die Musiker hatten die Augen beim Spielen oft geschlossen. Viele Zuhörer taten es ihnen nach.

HEPPENHEIM. Markus Stockhausen (Trompete) und Florian Weber (Piano) machen Musik für den Augenblick. Experimentell, inspirativ, aus Jazz und Klassik schöpfend, stellten die Musiker ihre Fähigkeiten am Samstag bei Forum Kultur Jazz im Kurfürstensaal in Heppenheim unter Beweis. Für Weber, der bereits in der Besetzung des Ensembles „Minsarah“ an gleicher Stelle zu Gast war, bedeutete der Abend eine Begegnung mit Freunden. Rolf Freiberger von Forum Kultur Jazz und Weber sind seit einigen Jahren befreundet. Doch auch der Steinway-Flügel im Kurfürstensaal hat es Weber angetan. Weber habe Freiberger nach dem letzten Konzert gesagt, es sei „eines der schönsten Instrumente“, auf dem er je gespielt habe.
Ähnlich beeindruckend wie die Begegnung mit dem Heppenheimer Steinway war jene zwischen Weber und Stockhausen vor einigen Jahren. „Wir hatten die Gelegenheit, einige Konzerte rund um München miteinander zu spielen“, sagt Weber. Das war die Initialzündung für die musikalische Zusammenarbeit der beiden und gleichzeitig ein entscheidender Moment für Webers Entwicklung. „Von ihm habe ich gelernt, wie offen man mit Musik umgeben kann“, sagt der Jazz-Pianist. Dieser Geist war auch beim Konzert im Kurfürstensaal spürbar.
Um musikalische Themen herum entwickelten Stockhausen und Weber ihr Programm, dem eigene Werke zu Grunde lagen. Der Anlass des Werks ist dabei nebensächlich und dient wie im Falle von „Yahoo“ allenfalls dazu, eine Anekdote einzuflechten. „Ich fand das Wort damals so faszinierend, dass ich ein Stück dazu schrieb. Ohne zu wissen, was Yahoo eigentlich ist. Mittlerweile weiß ich das natürlich“, sagt Stockhausen. Als Komponist ist er überaus akribisch, lässt sich aber vom Moment leiten und genießt auch während des Konzertes sichtlich die Passagen von Weber am Piano. Weil die Augen eine untergeordnete Rolle spielen, hatten viele Zuhörer während des Konzerts die Augen geschlossen, um sich alleine auf die Töne und deren Wirkung zu konzentrieren. Das tat auch Stockhausen stellenweise. Gleich mehrfach schüttelte er dem Kollegen nach Stücken begeistert die Hand und bekannte, dass er die Interpretation von Weber als „absolut genial“ empfand.
Auch das Publikum spendete reichlich Applaus für die Darbietung. Oft träumerisch und schwärmerisch, verbunden mit Betrübtheit, entwickeln sich die Stücke. „Mondtraum“ aus der Suite „Olivers Abenteuer“, „Our Father“, „Flowers of now” oder „Freunde” lauteten die Titel. Manchmal ließen die Künstler das Publikum verbal an der Entstehungsgeschichte teilhaben, manchmal beschränkten sie sich auf den Eindruck des Hörbaren. Es war ein Abend mit Anspruch, der sich langsam – Stockhausen und Weber würden sagen „getragen“ – entfaltete. Wobei „getragen“ für Weber zwei Bedeutungsebenen besitzt. Einerseits das gemächliche musikalische Tempo, andererseits die Beziehung zu Stockhausen, die trägt und tragendes Element der gemeinsamen künstlerischen Arbeit ist.
Mit einer gefühlvollen Interpretation von „Guten Abend, gut’ Nacht“ als zweite Zugabe verabschiedeten sich beide Musiker von der Heppenheimer Bühne. Ihre Wertschätzung beschränkte sich dabei nicht auf Veranstalter und Steinway- Flügel, sondern bezog die Zuhörer mit ein, deren Präsenz immer spürbar gewesen sei, wie Stockhausen an dem Abend beteuerte.




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