Die Rheinpfalz, von Rainer Köhl, 19.05.2008

Reise ins Atmosphärische

Palatia-Jazz-Konzert: Das Duo Markus Stockhausen und Ferenc Snetberger entführt in entlegene Harmonielandschaften

Einen ebenso spontan-energetischen wie spirituellen Ansatz vertritt der Trompeter Markus Stockhausen im Duo mit dem ungarischen Gitarristen Ferenc Snetberger. Gleichgesinnte, die offen nach allen Richtungen ihre musikalischen Fühler ausfahren. Der Palatia-Jazz-Auftritt der beiden in der Zwölf-Apostel-Kirche Frankenthal wurde zu einem Abend erfüllter Spiritualität und tiefen Friedens. Die Kompositionen heißen „Morgen-“ oder auch „Abenddämmerung“ – Titel, die andeuteten, wohin die Reise geht: ins Atmosphärische. Der Frieden, den eine Dämmerung ausstrahlt, das sanfte Farbenspiel des Lichtes, die verschwimmenden Konturen, all das wurde in diesen Klängen eingefangen. Das waren sanfte, klangintensive Erkundungen einer milden Stimmung, harmoniebewusstes Entlangschweben am Horizont.
Lyrisch ist der Atem dieser Musik, ins Weite schwingt die Sehnsucht. Bei alldem hörte man immer auch wunderbare Farbstudien, welche die beiden Musiker ihren Instrumenten entlockten. Hochinteressante Nuancierungen, unerhörte Töne holte Stockhausen aus seinem Flügelhorn, ließ elegische Melodien fluten über delikat abgedämpften Flageoletts der akustischen Gitarre.
Schöne Lichtwechsel begleiteten die Nummern, von samtig dunkler Tönung über milchig verhangen bis milde gleißend, als Stockhausen vom Flügelhorn auf die gestopfte Trompete wechselte und auch dort noch die Farbe beständig variierte. Ausgesprochen feine Momente gab es in diesem stillen Kammerjazz. Besonders auf der Pocket- Trompete startete Stockhausen zu Höhenflügen seiner Meisterschaft, als er filigrane Linien über leisen percussiven Mustern der Gitarre in reich verästelten Linien ausschwirren ließ.
Feine Arabesken und hochtourig rasende Rhythmen aktivierte Ferenc Snetberger aus der Gitarre, wob in die tremolierende Vitalität seiner Akkorde auch leises Flamencofeuer hinein. Einen sehr warmen Klang holte der Gitarrist aus dem Instrument – mit den Fingerkuppen sehr weich aus den Nylonsaiten herausgezupft.
Eine Musik zu schaffen, worin sich Improvisation und Komposition durchdringen, danach strebt der Trompeter Markus Stockhausen unermüdlich. „Komprovisation“ hat er drum sein Musizieren einmal genannt. Dabei lässt er einen Klangkosmos aus Jazz, Rock, Avantgarde, Klassik, freier Improvisation und meditativer Musik zusammenklingen. Die Welten sind vernetzt, überlagern, befruchten und beeinflussen sich gegenseitig. Das Grenzüberschreitende ist ein selbstverständlicher Ansatz im künstlerischen Denken von Stockhausen.
Harmonisches und Dissonantes durchdringen sich in der Musik des Duos unentwegt. Beides ist aufgehoben in übergeordnete Harmonie. Die Musiker sind Meister darin, auch das Dissonante überaus gut und wohlig klingen zu lassen. Vollkommen ist die Balance der beiden, ruhevolle Schönheit strahlen die melodischen Geflechte aus, auch dann, wenn es in entlegene Harmonielandschaften geht. Das Publikum ließ sich nur zu gerne mitnehmen auf diese spirituelle Reise.




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